Kleine Anmerkung zum Thema Kindkrankmeldung

Hier drüben gab es etwas zum Wahnsinn der Kindkrankmeldungen, ein völlig irres Thema, je länger man darüber nachdenkt. Auch die Kommentare sind dort lesenswert, da kommen dann noch spannende Zusatzthemen wie etwa Privatversichungen und Beamte. Es ist kompliziert.

Ich kann mich ja schon aufregen, dass einen dieser komplett wahnwitzige Vorgang dazu zwingt, Briefe hin- und herzuschicken, ich meine: Briefe! Mit bunten Briefmarken und so! Alle Welt hat meine Daten, Datenschutz gibt es längst nur noch als Gerücht, aber wenn es einmal total sinnvoll und praktisch wäre, diese auch auszutauschen, dann geht das plötzlich nicht, dann muss man im letzten Schreibwarenladen der Stadt Umschläge kaufen und Briefe schreiben und im Kinderzimmer Stifte suchen und per Hand Adressen abmalen und herausfinden, ob diese Postkutschen heute überhaupt noch fahren und danach auch noch, wo eigentlich im Betrieb dieses Personalbüro ist von dem immer alle reden und wer da für was zuständig sein mag und das alles. Das erzeugt an allen Ecken und Enden des Prozesses komplett sinnfreie Beschäftigungen, nichts als ABM, jemand verkauft Umschläge, jemand trägt Briefe aus, jemand öffnet Briefe, jemand schreibt sie ab, jemand rechnet etwas nach, jemand kopiert ein Blatt, jemand heftet etwas ab und vermerkt etwas darauf, vermutlich sind sogar Stempel im Spiel, die Älteren erinnern sich, alles sinnfrei, ich kann so etwas schon aus beruflichen Gründen nicht ab, das macht mich wahnsinnig. 

Und dann ist es ja so, dass jeder Betroffene irgendwann auf die Idee kommt, dass es doch wirklich wesentlich einfacher ist, sich selbst krank zu melden, statt dieses Riesenrad “Kindkrank” zu drehen und dafür noch finanziell bestraft zu werden, zumal man ja beim Nachdenken über das Thema tatsächlich Kopfschmerzen bekommt. Ich mache das natürlich nicht, ich mache immer alles richtig, eh klar. Aber Menschen bei Verstand? Man muss sich ja nur mal etwas im Bekanntenkreis umhören. Das System zwingt einen geradezu zur Lüge, man kommt sich doch bekloppt vor, wenn man sich dabei richtig verhält. Und wer kann damit schon umgehen, sich bekloppt zu fühlen? Also wer außer mir? Eben.

Ich kann mich noch gut an mein Staunen erinnern, als ich mich zum ersten Mal brav, systemkonform und schafdumm kindkrank gemeldet habe – und mir dann erklärt wurde, wie das geht. Das Procedere ist ein Relikt aus der Bürosteinzeit, das war 1980 vielleicht mal eine moderne, zeitgemäße Lösung, aber das ist wirklich schon eine Weile her.

23 Kommentare

  1. Mittlerweile kann man bei meiner Krankenkasse die Arztformulare sowohl für sich selbst als auch für die Kinder online hochladen. Was den Ablauf zwar vereinfacht, den Berechnungsirrsinn aber nicht weniger irrsinnig macht.

  2. Hier wurd mir das selbst-krank-melden sogar von meiner Chefin nahe gelegt. Zum einen weil sie selbst keine Lust auf den Aufwand hatte, zum andern weil sie Kürzung unfair fand. Leider bin ich ein Schaf…

  3. Der verlinkte Artikel sowie ihr Beitrag treffen den Nagel auf den Kopf.
    Ein besonderer Aufreger war für mich, dass „Kind krank Tage“ bei der Elterngeldberechnung für das nächste Kind mit 0 gewertet werden. D.h. ist ein Kind mal etwas schwerer krank und muss z.B. 4 Wochen von der schwangeren Mutter betreut werden, wird diese Zeit in der Berechnung des Elterngelds mit Null gewertet, was natürlich das Elterngeld verringert und die Familie in doppelter Hinsicht finanziell benachteiligt… und irgendwie auch bestraft …

  4. Ha, meine Arbeitgeberin ist da ganz offensichtlich weiter. Bis 2 Tage Kind krank zahlt sie einfach. Man reicht die Krankschreibung ein wie die eigene auch, und gut ist. Weil eben: Der Papierkram kostet mehr als mir einfach das Gehalt weiter zu zahlen. Netter Nebeneffekt: Es motiviert, nach 2 Tagen den Papa zur Krankenpflege zu verdonnern. Weil es sich finanziell und organisatorisch lohnt, sich abzuwechseln.

  5. In meiner grenzenlosen Naivität hatte ich mir das ungefähr so vorgestellt: Kind ist krank, man geht zum Kinderarzt, bekommt die Bescheinigung, dass das Kind krank ist, reicht diese Bescheinigung beim Arbeitgeber ein (wie man das auch mit der eigenen Krankmeldung tun würde). FEDDISCH.
    Bei vielem, was ich Familien (egal in welcher Konstellation) betreffend lese, bekomme ich Schnappatmung.

  6. Mein Mann „wagte“ es, die vom Kinderarzt verordneten 7 Tage kindkrankfrei einzureichen. Es folgte ein Vortrag, das sei „Betriebsstörungsterror de luxe“. Er kam an Tag 3 reumütig zurück (weil Muttern auch wieder zurück war von der Weiterbildungsprüfung).

    Was dann folgte: Lohnabzug für 7 Tage!!!

    Grinsend kommentiert vom Chef, er sehe da keinen Vorteil für sich, sondern höchstens eine Art „Aufwandsentschädigung für den Mehraufwand in der Gehaltsabrechnung“ und der Gatte solle daraus lernen.

    Tat er. Kündigte und machte sich selbstständig. Nun gibt es zwar gar keine Erstattung mehr bei kranken Kind, aber uns geht es allen besser.

  7. Die 90 % (oder sogar 100 %) sind ja schon fast Luxus – früher gab es nur um die 70 %. Da überlegt man noch weniger, wer denn jetzt eigentlich krank ist *hüstel*.

    Was viele nicht wissen: nach § 616 BGB hat man Anspruch auf 5 vollbezahlte Tage – unabhängig von der Krankenkasse – also auch Privatversicherte!
    Wenn dieser Anspruch nicht explizit durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist, stehen einem die zu. Das wissen allerdings viele Personalabteilungen gar nicht.

    Liebe Grüße
    Danielle

  8. Das stimmt nicht. Privatversicherte haben nach § 616 BGB Anspruch auf 5 vollbezahlte Tage (wenn nicht vertraglich ausgeschlossen) – das wissen nur viele nicht ;-).

  9. Sehr geehrter Herr Buddenbohm.

    Es fing ja schon super an:bei welcher Krankenkasse muss ich das denn nu einreichen? Für mich war logisch:bei der Krankenkasse des Kindes(ist durch ein damaliges Missverständnis meinerseits seit Geburt an beim Vater familienversichert). Die Frau dort konnte es mir nicht genau sagen, war aber auch der Meinung, bei der Kasse der Tochter. Nach drei Wochen bekam ich es dann mal wieder mit der Bitte, es bei meiner Kasse einzureichen. Gut, dass es nur um ein oder zwei Tage ging.
    Ich habe mir über den „Verlust“ ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht, ich war so gutgläubig und dachte:“Das passt schon so.“ Eben aus dem Grund, weil es bisher immer nur ein oder zwei Tage waren.

    Gruß Silke

  10. Bei uns auf dem Amtsgericht gehen täglich Hunderte Briefe raus! Ich privat schreibe auch sehr viel Briefe und vor allem Hunderte von Postkarten (www.postcrossing.com). Eine Mail wird oft ungelesen gelöscht und ist sehr unpersönlich! Ausserdem liebe ich als Sammler Briefmarken! Der Hauptpunkt des Artikels zeigt jedoch die Kinderfeindlichkeit der deutschen Gesellschaft! Unsere 5 Kinder hatten bis weit in die Schulzeit hinein ein Mutter die immer zu Hause war! Wir hatten dann allerdings auch Pflegekinder. Eine ideologisch verordnete Doppelbelastung von Mutter und Beruf überfordert oft alle Seiten! Warum sollen die Kinder teuer fremdbetreut werden damit die Mutter für wenig mehr Geld auswärts arbeitet? Spätestens bei einer längeren Krankheit des Kindes gibts Probleme! Habe jetzt eine hochschwangere Frau mit 2 kleinen Kindern kennen gelernt der Hartz IV gestrichen werden sollte weil sie sich nicht Arbeitssuchend gemeldet hatte! Sollen diese blinden Paragraphenreiter mal für eine Woche die Arbeit dieser Mutter in ihrem Zustand übernehmen ( ihr Partner hatte sie im Stich gelassen). Diese Leute wären froh wieder ihren Bürojob einzunehmen!

  11. Moin,
    natürlich ist das schlecht und könnte nachgebessert werden. Aber ich verstehe das geheule der Beamten und Privat versicherten nicht!

    1. die heulen nie wenn sie sofort einen Facharzttermin bekommen,
    2. die heulen nie wenn sie nicht warten müssen, sonder bevorzugt drankommen
    3. heulen sie nicht, wenn sie weniger Beiträge bezahlen,
    4. heulen sie nicht über bessere, umfangreichere übernommene Leistungen,
    5. wurden sie nie gezwungen die Solidargemeinschaft zu verlassen,
    6. können die Kind krank mitversichern, wenn sie wollen bis 100% ihres Gehaltes (alles Verhandlungssache mit der Kasse)
    7. …

    die Forderung den Lohn zu 100% zu erstatten und den Arbeitgeber das mit der Kasse erledigen zu lassen finde ich OK, vor allem vor dem Hintergrund der Gleichberechtigung, auch wenn das die Krankenversicherungsbeiträge hochtreiben würde.

    Grüße Ingo

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