12 von 12 im April

Was 12 von 12 ist, das setze ich jetzt einfach mal als bekannt voraus, alle anderen Beiträge aus vielen, vielen Blogs gibt es wie immer hier drüben.

Ich stelle beim Anziehen fest, dass meine Lieblingsjeans etwas spannt. Das könnte daran liegen, dass ich den Söhnen bemerkenswert viele Schokoladenostereier gestohlen habe, was tut man nicht alles für die Gesundheit des Nachwuchses, die essen ja viel zu viel Zucker. Ich beschließe sofort, nicht mit der S-Bahn zur Arbeit zu fahren, sondern wieder täglich zu Fuß zu gehen, das fällt dann quasi unter Spocht.

Der Weg führt durch das Tier- und Pflanzenparadies Hamburg-Hammerbrook, hier im Bild ein Bürobautenpfau und darunter eine Brachfläche, die gerade von gewiss hochinteressanten Kräutern, Stauden und Büschen erobert wird. So geht es hier zu, hier ist es sehr schön.

Nicht im Bild, da auf der anderen Straßenseite, ist eine neue Reklametafel für ein Landbier, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Irgendwas in einer historisierenden Buddel, im Hintergrund ist da ein lauschiges Fachwerkhaus am munteren Bächlein abgebildet. Das ist amüsant, so ein Plakat in Hammerbrook, denn es hängt hier vielleicht, weil es funktioniert. Kaum sitzt der Mensch in glitzernden Büropalästen, träumt er schon wieder von der Fachwerkbutze, in der er, säße er noch darin, von glitzernden Büropalästen träumen würde. Zur Überprüfung der These müsste man jetzt neben dem idyllischen Fachwerkhaus in ruhiger Lage nach dem Plakat für hypermoderne Büromöbel suchen, aber wer hat Zeit für so etwas.

Ich arbeite friedlich vor mich hin, bis mich eine Bildungseinrichtung wegen eines kranken Kindes anruft, was gefühlt zum 10. Mal in 14 Tagen passiert, der reale Wert kann etwas abweichen. Es ist alles nur eine Phase, und diese ist gerade etwas schwierig. Die Herzdame oder einer der Söhne, irgendwer schwächelt zur Zeit immer. Nur ich arbeite unentwegt vor mich hin wie ein Duracell-Hase. Ich verlasse also fluchtartig das Büro und bringe ein krankes Kind nach Hause, die Betreuerinnen geben mir “Sickness bags” für den Weg mit, sie wissen auch warum. Aber interessant, dass so etwas in Schulen vorrätig ist, wieder etwas gelernt.

Ich bette den Sohn auf das Sofa, kranke Kinder liegen hier aus strategischen Gründen nie im eigenen Bett, da kommt man nämlich, Stichwort Hochbett, zu schlecht dran, ich erspare allen die schrecklichen Details, die sich daraus bei gewissen Krankheitsbildern ergeben könnten.

Zu diesem Zweck betrete ich das Wohnzimmer, was ich sonst eher selten tue, denn vor dem Wohnzimmer steht mein Schreibtisch, und an dem komme ich normalerweise nicht vorbei. Ich stelle überrascht fest, dass im Wohnzimmer hübsche Deko steht, dass es überhaupt ganz gefällig aussieht und dass überall Wohnzeitschriften herumliegen, da könnte eventuell ein Zusammenhang bestehen. Das erklärt auch, was die Herzdame abends so macht, ich hatte mich das neulich schon mal irgendwann gefragt, als ich sie ins Wohnzimmer gehen sah. Ich kam dann aber nicht dazu, ihr hinterherzugehen, man kommt ja eh zu gar nix.

Das Kind liegt also auf dem Sofa, ich brumme beruhigend, wie es nur Väter und Katzen können, und blättere nebenbei in einer dieser Wohnzeitschriften. Da gibt es einen Artikel über die allerbesten Einrichtungstipps. Einer bezieht sich auf Boxspringbetten, die neuerdings alle haben, nur wir wieder nicht. Schlimm! Die müsse man jedenfalls vor dem Kauf “beherzt” testen, steht da. Und zwar nicht wie Sie jetzt denken, nein, sondern durch, so wörtlich, “wütendes Herumwälzen” der potentiellen Käufer. Vielleicht sollte ich öfter Wohnzeitschriften lesen, sie sind schon irgendwie lustig. Ich werde mir noch tagelang vorstellen, wie sich Kunden in Möbelhäusern ebenso entschlossen wie wütend auf Boxspringbetten herumwälzen.

Das kranke Kind spricht nicht, das liegt entweder an den Gebrechen oder aber an den neben ihm liegenden Comicheften aus meinen Uraltbeständen, man weiß es nicht genau.

Daraufhin muss ich noch einmal los, das Notebook ist noch in der Firma, das andere Kind in der anderen Einrichtung, die Einkäufe noch in den Läden, ich renne also zwar nicht planlos, aber doch gefühlt endlos durch die Stadtteile und von Pontius zu Pilatus, wie meine Oma gesagt hätte.

Zur Beruhigung starre ich zwischendurch auf das psychedelische Spielzeug in der Vorschule, an die folgende halbe Stunde kann ich mich nicht mehr erinnern. Schlimm.

Ich bereite dem kranken Kind liebevoll ein Abendbrot zu.

Das kranke Kind bildet sich mit letzter Kraft weiter. So ist es recht.

Zwischendurch fragt er sich, wie es ist, wenn man über Kopf kotzt, da muss man als Vater sein robustes Mandat auch einmal nutzen, um das Kind von fragwürdigen Experimenten abzuhalten. Ich nutze seinen Bildungseifer aber, um wieder einmal an der Kenntnis der Uhr zu arbeiten, wobei wir praktischerweise die Kirchturmuhr vor dem Fenster als Anschauungsmaterial nutzen können. Auf dem Bild nicht zu erkennen, aber das Ziffernblatt hat römische Zahlen, was bedeutet, es gibt eine Uhrzeit erschreckenderweise in der Form 3 Uhr, 15 Uhr und III Uhr, das ist wirklich sehr, sehr kompliziert.

Ich gehe noch einmal einkaufen, weil ja immer irgendwas fehlt. An den Häuserwänden des Stadtteils spiegeln sich Themen der Weltpolitik.

Und die größte Magnolie des Stadtteils blüht. Oder, wie ein gewisses Kind sagen würde: “Jetzt biste wieder tagelang ergriffen, was?”

Danach höre ich mir mit Sohn I die Sprachnachrichten aus dem Whatsapp-Kanal von Martin Gommel an, der gerade auf dem Weg nach Idomeni ist. Martin spricht sehr ruhig und deutlich und erklärt viel, das kann man gut machen. Dazu gibt es kein Bild, aber einen Link. Nebenbei rühre ich Essen zusammen, das wird ein Curry, später. Natürlich für die Herzdame, die Herren Söhne rühren so etwas nicht an.

Und dann geht es zum Lindy-Hop. Danach bin ich dann vermutlich wieder zu fertig, um noch etwas fortzuschreiben, deswegen endet der Tag genau hier.

 

3 Kommentare

  1. Du bist der wunderbarste Quoten-Mann, den man sich bei den 12ern nur wünschen kann. Mein Lieblingssatz: *ich brumme beruhigend, wie es nur Väter und Katzen können*…. herrlisch!

  2. Ja, diese Boxspringbetten sollte man gut testen.
    Wir hatten dazu den Sohn mit. Ich muss zugeben, es hüpft sich darauf ganz ausgezeichnet. Das Zimmer sollte aber über eine ausreichende Deckenhöhe verfügen.
    Ach ja, schlafen kann man auch gut darinnen.
    Orrr. Ich bin so neidisch auf das Lindy-Gehopse. Viel Spaß noch!

  3. …und bei der abendlichen Daemmerlektuere dann ploetzlich diese Bilder von grauenvoll kranken Kindern die in Hochbetten…

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