Porträt des Autors als Trottel

Man wird erstaunlich schnell zum Trottel, wirklich, das geht ganz fix. Man muss nur mal kurz nicht aufpassen, eine Entwicklung verpassen, etwas nicht interessant finden, irgendwo nicht mitmachen – und zack. Gerade lächelte man noch über Ältere, die nicht wissen, wie ein Computer angeht, schon ist man selbst der Ausgelachte. Dafür reicht es schon, ein paar Jahre das Auto nicht zu wechseln.

Wir haben uns im Urlaub in Südtirol einen Mietwagen genommen, der viel neuer als unser Auto war. Genau genommen war das Auto topaktuell, frisch vom Band. Mit jedem technischen Schnickschnack, den man sich nur vorstellen kann. Auch mit dieser Kamera hinten, die einem beim Rückwärtsfahren vorne über einen Bildschirm anzeigt, was hinter einem passiert. Das ist toll, man könnte damit lange Wege rückwärtsfahren, einfach nur, weil es jetzt so leicht geht. Man macht es dann doch nicht, aus dem Alter ist man raus, aber manche Sachen sind schon nette Erfindungen, gar keine Frage.

Dann haben wir aber gemerkt, dass wir dieses ach so tolle Auto leider nicht abschließen konnten. Keine Chance. Da konnten wir drücken und schließen, was immer wir wollten, das Auto blieb unbeeindruckt offen. Erst das satte Klicken für das Schließen, dann hat es sich sofort, noch ein Klicken, selbst wieder geöffnet. Wir standen wie komplette Idioten abends vor dem Auto, ich überlegte schon, im offenen Auto zu nächtigen, damit es wenigstens nicht nachts geklaut werden konnte. Bis uns jemand, der sich damit auskannte, endlich sagte, dass dieses Auto die Türen nur abschließt, wenn man sich mit dem Schlüssel weit genug davon entfernt. Das haben wir natürlich gemacht. Wir haben die Schritte gezählt und dann die Kinder doch lieber nochmal zum Auto zurückgeschickt, um an allen Türen testweise zu rütteln. Mehrmals. Der Autoexperte neben uns hat sich kaputtgelacht.

Es ist im Grunde keine Frage, ob man ein Trottel ist. Die Antwort ist immer: ja. Es ist nur die Frage, wann und bei welchem Thema.

(Dieser Text erschien als Kolumne in den Lübecker Nachrichten und in der Ostsee-Zeitung)

14 Kommentare

  1. Wie, verriegelt es automatisch, wenn der Schlüssel sich entfernt? Oder klappt die Verriegelung per Knopfdruck nur ab einer gewissen Entfernung?

    Ich habe gar kein Auto, merken Sie vielleicht.

  2. Oh, das ging mir mit dem Mietwagen so, den ich nach meinem Unfall hatte. Da ließ sich der Kofferraum nicht verriegeln… Bis ich dann nochmal die Anleitung studiert hatte.

  3. Mein Mietwagen-Klassiker erfüllt sich immer, wenn ich kurz vor Abgabe zum Volltanken fahre. Jedesmal möchte ich mir vorher merken auf welcher Seite der Tankdeckel ist und jedesmal vergesse ich es. Er ist dann immer auf der abgewandten Seite! Das nächste Dilemma: den Tankdeckel öffnen. Mit Intuition oder Erwartungskonformität hat das nix zu tun. Das machen die extra, um den Gelegenheitsfahrer der Lächerlichkeit preiszugeben!!

  4. @Tim: dazu habe ich einen Profi-Tipp! In der Tankanzeige gibt es ja so ein kleines Zapfsäulensymbol. Entweder rechts oder links von diesem Symbol – je nachdem, auf welcher Seite sich der Tankdeckel befindet – ist ein kleiner, dreieckiger Pfeil 🙂

    Davon abgesehen, sind die Schläuche sowieso lang genug, egal auf welcher Seite der Zapfsäule man hält (vorausgesetzt, man parkt nicht 3 Meter von der Zapfsäule entfernt).

  5. Nä, echt jetzt, das wusste ich auch noch nicht! Und wenn es dann erst die selbstfahrenden Autos gibt, die dann abschließen, wenn es ihnen passt. Nicht auszudenken.

  6. Noch zu Autokonzern-Zeiten das gleiche Problem, wenn mal ein Fahrzeug irgendwohin gefahren werden musste… Gedacht: „Mannmannmann, Blech für 120.000 €. Das geht nicht. Unabgeschlossen.“ 200 Meter weitergelaufen. Schlüssel versteckt, zurückgerannt. An Tür gerüttelt. Schlüssel blitzschnell wieder eingesammelt.

    Das kann so alles nicht gedacht sein.

  7. Und mit dieser „Rückwärtskamera“ kann man bis auf wenige. cm an ein Hindernis heranfahren, man sieht ja die eigene Stoßstange noch und den verbleibenden Abstand. Leider wissen das die hinter mir stehenden Autofahrer nicht und so ernte ich oftmals erbostes Hupen und Gestikulieren, nähere ich mich im Rückwärtsgang….

  8. @osch

    Aber die hinter ihnen stehenden Autofahrer haben doch recht. Ob Rückfahrkamera oder nicht, Sie verheizen den Sicherheitsabstand. Den Abstand den man braucht, wenn jemand eine Fehler macht (unbeabsichtigtes Rollenlassen, Abrutschen vom Pedal, kurz abgelenkt sein). Also lassen sie diesen Trick bitte.

  9. Uh, da wäre es mir genauso ergangen. Und selbst mit dem Wissen, dass es sich abschließt, wenn man sich mit Schlüssel entfernt, so würde ich dem Braten nicht trauen wollen und würde es wohl ähnlich machen wie Christian.
    Und als Gelegenheitsfahrerin und CarSharing-Nutzerin geht es mir wie Tim mit der Tankdeckelverschraubung. Irgendwie ist es immer hakelig.

  10. Oh ja, genau so ging es uns mit dem Leihwagen in den USA, nettes Teil, Schlüssel bleibt in der Hosentasche oder in der Handtasche, aber, wie geht das zu? Wir hatten aber schon die Vermutung, dass es irgendwie mit der Entfernung zusammenhängen könnte. Also ging einer mit dem Schlüssel los und der andere passte auf, dass es sich wirklich zuschließt. Ach ja, das mit dem Tanken kenne ich von einer Kundin vor uns an einer Tankstelle in Leipzig. Wir haben mit ihr den geheimen Öffnungsmechanismus für den Tankdeckel gesucht, weil Simsalabim hat nicht funktioniert. Leider kamen wir zu keinem Ergebnis. Sie wollte einfach noch ein wenig auf der Autobahn Richtung Köln fahren und es dort noch mal versuchen oder den ADAC rufen…

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