Likörchen

Auch zwischen den Jahren steht der Buddenpütz in seiner Hobbyküche und hat da schon einmal etwas vorbereitet. Nämlich das hier:

Baileys

Das sind 300 ml Whiskey (der sollte eigentlich irischer Herkunft sein, das ist der hier leider nicht, wie der Kenner sofort sieht, das macht aber nichts), 200 g Sahne, 1 große Dose gesüßte (!) Kondensmilch (so etwas zählt also neuerdings zur russischen Küche – nanu!), 1 EL Espressopulver, 1 EL Schokoladensirup.

Damit macht man folgende hochkomplizierte Prozedur: Man schüttet alles zusammen und mixt es kurz und energisch durch. Dabei kann man jüngeren Familienmitgliedern damit auf den Wecker gehen, von alten Zeiten zu schwadronieren, also von der eigenen Kindheit zum Beispiel, in der man Kondensmilch, die kennen die Söhne hier übrigens gar nicht, noch aus der Dose genuckelt hat, einfach so. Weil alle Erwachsenen, besonders die Großmütter, davon ausgingen, dass man davon irgendwann groß und stark werden würde. Das kam bei mir übrigens nicht ganz hin, Bärenmarke hin oder her.

Aber wenn man schon bei diesem schönen Thema ist, kann man nebenbei noch erwähnen, dass es damals auch regelmässig Zuckerei gab, also ein in ein Glas geschlagenes Ei, das mit ordentlich Zucker verquirlt und dann roh getrunken wurde, das galt ebenfalls als Stärkungsmittel. Aber Achtung, nicht jeder junge Zuhörer ist der Vorstellung süßen Glibbers gewachsen. Egal, wenn man schon dauernd älter wird, dann darf man auch von früher erzählen, das gehört dazu.

Hat man jedenfalls so viel erzählt, dass man endlich alleine in der Küche ist, kann man in aller Ruhe probieren, was man da gemixt hat – und versinkt schon wieder in Erinnerungen. Diesmal landet man aber nicht in der Kindheit, diesmal geht es in die Jugend. Man ist sechzehn Jahre alt, man ist Oberstufenschüler. Man hat lange Haare und Pickel, man hat einen Parka und rote Jeans an, hört Neue Deutsche Welle und hat eine Flasche von diesem Zeug unterm Arm, Baileys stand da drauf. Das war der Likör, den man damals umschwärmten Mädchen zu Partys mitgebracht hat, wenn man es ernst meinte. Weil es der Getränk gewordene Puddingtraum war, weil es so schmeckte, als könne es unmöglich irgendwie schädlich oder auch nur stark sein, weil es als äußerst seriöses Erwachsenengetränk beworben wurde, das hatte also Stil. Und weil die Flasche für Schüler irre teuer war, unerschwinglich geradezu und man damit ganz prima seine Wertschätzung gegenüber Angebeteten ausdrücken konnte. Jedenfalls solange man sich nicht dazu hinreißen ließ, über die vorhergehende Beschaffungskriminalität zu reden.

Man selbst trank dann aber auf den Partys doch lieber Bier, denn Likör, versteht sich, Likör ging gar nicht. Likör war genau so schlimm wie der stets mit dem Strohhalm getrunkene Katlenburger Erdbeersekt vom Aldi. Spätestens da hört man dann lieber auf, sich zu erinnern, da wird es dann doch zu schlimm, und Verdrängung ist manchmal auch ganz schön.

Als ausgewachsener Mann kann man natürlich mittlerweile offen zugeben, dass es mindestens zwei Likörsorten gibt, die tatsächlich schmecken, auf Eiscreme oder auch auch ohne. Die eine ist Irish Cream, also Baileys, die andere ist, da bin ich aber womöglich nicht mehrheitsfähig, Eierlikör. Zur zweiten Variante kommen wir womöglich später im nächsten Jahr noch, die erste folgte eben gerade wiederum einem Rezept von Yvette van Boven, diesmal aus ihrem Buch “Home Made Winter”, also aus der kälteoptimierten Fortsetzung von “Home Made”.

Home made winter

Faszinierend jedenfalls, dass diese Irish Cream ziemlich exakt wie das Original schmeckt. Nicht wie irgendein Verschnitt, nicht wie ein netter Versuch – das kommt auf den Punkt hin. Das kann man ganz hervorragend als Last-Minute-Geschenk zur Silvesterparty mitnehmen und auch heute noch einer umschwärmten Dame in die Hand drücken. Und es ist natürlich viel wirksamer, den Likör selber herzustellen, als einfach nur irgendwo eine Flasche zu kaufen. Man hat ja doch mit Liebe am Mixer gestanden! Bei der Herzdame hat bereits der erste Schluck erwartungsgemäß große Freude und einen ähnlichen Backflash wie bei mir ausgelöst, damit werden wir wohl nach und nach noch den ganzen Freundeskreis beglücken.

Baileys

19 Kommentare

  1. Hmm. Wo gerade der Eierlikör erwähnt wird… den gab es bei der Oma, im Becherchen, das gegen Durchweichen mit Schoko ausgekleidet war. 🙂
    Habe ich neulich erst wieder gebastelt…

  2. Baileys hat sich leider der Fraktion der zugesetzten Aromen angeschlossen, was seinem Geschmack massiv Abbruch tut. Ihr Rezept werde ich demnächstens nachbasteln, denn ich trauere speziell im Winter dem Original etwas nach.

  3. Ich habe sehr lachen müssen!!
    Herrlich, die Beschreibung des Backflash’s!!
    Likörrezept wird demnächst ausprobiert!
    Ein schönes Wochenende mit dem Likörchen! 🙂
    Angelika

  4. Team Eierlikör!! Sofort ein Schlückchen haben wollen. Kennen Sie noch ‚Sunshine‘? Eierlikör mit Zitronenlimo?

  5. Puh, den Macallan Elegancia für Irish Cream zu ver(sch)wenden ist schon ein starkes Stück. Der gehört wirklich besser pure genossen. Ein »simpler« Jameson hätte es auch getan.
    Aber abgesehen davon kommt mir der Flashback bekannt vor. In ostdeutschen Zeiten haben wir ähnliches versucht, weil »mirhattnjanüscht«. Also Wilthener »Whisky« (Made in GDR!), süße Kondensmilch (schon damals russisch), Kaffeesahne, Schokoraspel und einen kräftigen Schluck Tokajer zusammengemixt. Wir nannten es Schlüpferstürmer….
    Alle Zutaten (vor allem der Tokajer) in eher mäßiger Qualität. Entsprechend ging es uns am nächsten Morgen (ja, wir haben das Zeug mit den Mädels zusammen vertilgt).
    Na ja, danke für die Erinnerung an denkwürdige Zeiten.
    »Home Made« ist übrigens Klasse, hab ich zu Weihnachten bekommen. 🙂

  6. Mit Bailey’s verbinde ich meinen ersten Rausch. Basierend auf kolossaler Fehleinschätzung – ob meiner Kapazitäten oder der Wucht des Getränks, war egal. Am Ende.

    Mit „Backflash“ wiederum assoziierte ich direkt die Herzdame und leckere Ofenerzeugnisse: Scrollte erstaunt nach oben und dachte „Hö? Gar keinen Kuchen gesehen?!“

    So weit haben Sie uns schon!

  7. Ha, Männer und Liköre… zu Studienzeiten (hach, damals!) hab ich mal selbstgemachte Liköre bei einem Spieleabend auf den Tisch gestellt. Belustigung unter den Männern. Und später wurde dan gebeten und gebettelt, ich möge doch mehr machen und die Rezepte rausrücken. Favorit war übrigens ein ganz schlichter Vanillemilchlikör. Muss das Rezept mal wieder rauskramen…

  8. Tatsächlich bin ich wie quasi ALLE meine Mädels mit Baileys eingestiegen – die Reaktion müßte daher ebenfalls kichernder Backflash sein 🙂

  9. Mjam. Das muss ich direkt für Silvester als Mitbringsel ausprobieren.
    Bei mir gab’s als Kind übrigens auch Zuckerei.
    Kann ich mir heute allerdings auch nicht mehr vorstellen, das zu trinken. Huäh.

  10. Herzinfarkt..kein Wunder, dass es den Leuten geschmeckt hat….Whisky für gute 50 Euro zu verpanschen, da sollte was bei rauskommen^^

  11. Darf ich bitte schnell mal vorbeihüpfen und den Macallan retten? Maaannnnnn, sowas *zelebriert* man, das kippt man nicht in Likörmischungen! *fällt neben Kiki auf den Boden*

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