Es regnet

Es regnet, Hamburg kommt wieder zu sich. Ich gehe raus, ich will mir die Stadt so ansehen, wie sie gehört, ohne das in diesem Jahr neu eingespielte Sonnenmetropolen-Update.

Sohn I: “Wo willst du hin?”
Ich: “Ich geh nur kurz raus, spazieren.”
Sohn i: “Mach mal nicht zu dolle.”

Und tatsächlich, wenn man zum Hafen runter fährt, sieht dort alles wieder nach Hamburg und Elbe aus, rain’s coming home. Es nieselt, es tröpfelt. Vielleicht ist es auch doch nur das Spritzwasser der Hafenfähren? Nein, es ist Regen, richtiger Regen. Hinter der Elbphilharmonie wird es schon wieder hell, aber über Blohm & Voss ist es noch dunkel. Der Regen zieht langsam weiter zur Nordsee, Wind schwach aus Südost. Die Ausrufer, die unentwegt die heute etwas lustlos schlendernden Touristen auf die Barkassen für Hafenrundfahrten locken wollen, sie werben lauthals mit “Original Hamburger Wetter! Nur heute, nur bei uns!”

Kapuzen, Mützen, Regenschirme, die Leute gehen an nassen Tischen und Bänken vor Cafés und Imbissbuden vorbei, dort sitzt heute niemand. Preise auf Tafeln verlaufen im Regen, man erkennt noch die Namen von sommerlichen Drinks, bald steht da wieder was von Glühwein und Grogs. Es ist seltsam dunstig über dem Fluss, die Leute machen Fotos, gucken auf die Displays und schütteln die Köpfe: Eine konturlose Ahnung von Stadt und Fluss, mehr kriegt man nicht drauf, da kann man nichts machen.

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“Himmel grau und wochentäglich!
Auch die Stadt ist noch dieselbe!
Und noch immer blöd und kläglich
Spiegelt sie sich in der Elbe.”

Der olle Heine war kein großer Hamburgfreund, nein, das kann man wirklich nicht von ihm behaupten. Einigen Touristen geht es wohl ähnlich wie ihm, man sieht es den verdrossenen Gesichtern deutlich an. Seit Monaten schwärmen alle für Hamburg im Sonnenschein, aber ausgerechnet wenn sie kommen… war ja klar. Genau so sehen hier einige Besucher aus, die Mundwinkel weit nach unten gezogen, die Schultern nach oben, als stünden sie im Unwetter auf dem Deich.

Egal, mir gefällt die Stadt so. Passt schon.

8 Kommentare

  1. Hallo Max Buddenbohm,
    schon länger schrieben sie auf Twitter von dem schrecklichen Hamburger Wetter. Soviel Sonne…. Ich glaube Ihnen nicht wirklich.

    Mag sein, das der Regen zu Hamburg gehört und 20 Grad Mitte Oktober zuviel sind. Das mag für sie so sein.
    Ich bin kein Hamburger, ich habe dennoch die Stadt in verschiedensten Ansichten erlebt. Im Nieselregen bei der Hafenrundfahrt, mit 20 cm Schneematsch im Dezember 2012 und, in diesem (und im letzten) Sommer im Sonnenschein. Und ja, es war schön an der Alster zu flanieren oder am Abend in Övelgönne am Strand zu hocken. Und dann dem Gewitter zuzuschauen, das auf der Südseite der Elbe niederging. Wir blieben fast trocken.
    Schöne Grüße aus dem Rheinland
    Ralf
    p.s. Ich mag ihre Texte. Egal wovon sie handeln. Und falls Sie mal ein Rezept für fränkischen Wirsing oder sächsischen Kartoffelsalat brauchen, lassen sie es mich wissen…

  2. Was heißt eigentlich „passt schon“ auf Platt, „dat passt“?
    Mir gefällt unsere Stadt im Schmuddelwetter auch gut. Endlich gibt’s mal wieder einen Grund zu jammern und trübsinnig aus dem Fenster zu sehen.

  3. An „passt schon“ musste ich mich als Nordfriese in meinem fränkischen Exil erst einmal gewöhnen. Das ist hier das größte Lob, was man aussprechen kann und was es auf Erden gibt (wurde mir immerhin so erklärt).
    Es ist alles nicht so grau, wie es erst klingt „Und seitab liegt die Stadt;
    Der Nebel drückt die Dächer schwer,
    Und durch die Stille braust das Meer
    Eintönig um die Stadt.“
    Zwar etwas nördlich als HH aber auch passend. Es gibt wahrlich Schlimmeres.

  4. Die Sonne macht Urlaub im Odenwald. Wurde aber auch mal Zeit. Nennen wir es „ausgleichende Gerechtigkeit“. Und falls Ihnen das als Trost nicht reicht, setze ich noch eins drauf: Letztes Jahr um diese Zeit haben wir das erste mal ernstzunehmend Schnee geschippt hier oben. (Hier unten.)

  5. Ich freute mich gestern auch schon über die Rückkehr des grauen Regens – und nun scheint hier schon wieder die Sonne. Nee, nee, nee.

  6. Zum Thema „passt schon“: In der Gegend am Stadtrand, wo die Leute zwar viel und häufig, aber mit wenig Worten mit ihren Nachbarn quatschen, sagt man „läuft“. Man könnte auch „passt“ sagen. „Schon“ wäre zu viel.
    Da es hier ohnehin weniger regnet als in der Innenstadt, stört mich die Sonne weniger. Vermisse aber den Wind.

  7. Pingback: Es werde Licht | e13.de

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