Schnüsch, Dibbelabbes, Potthucke & Co

Ich habe vor ein paar Wochen noch gedacht, dass ich ein immer wiederkehrendes Problem mit vegetarischen Kochbüchern habe. Die wollen mich nämlich allzu oft in zwei Richtungen drängen, die mir beide nicht recht liegen. Da ist zum einen die dinkelig-grünkernige Ecke, an die ich mich anscheinend in diesem Leben nicht mehr gewöhnen werde. Das mag feines Essen sein, gesund und alles, aber es ist einfach nicht meins. Geht mir weg mit Getreidemühlen und Schrot und den Weizensorten der Inkas, ich möchte das nicht. Da ist zum anderen, ebenso unweigerlich, die asiatische Richtung, denn die haben da im Osten anscheinend vegetarisch mehr zu bieten als wir. Ich esse gerne asiatisch, aber nicht so wahnsinnig oft. Es ist mir häufig zu kompliziert oder es verlangt zu viele Zutaten, ich habe zum Kochen oft aber gar nicht viel Zeit.

Ich bin nun auch kein echter Vegetarier, ich bin nur ein Immer-öfter-kein-Fleisch-Esser, das ist natürlich eine etwas andere Lage als bei den Leuten mit Grundsatzentscheidungen. Ich esse gerne oft vegetarisch, aber eigentlich bin ich beim Essen oft Spießer und hätte trotz Fleischverzicht gerne eine Geschmacksdimension im Essen, mit der ich vertraut bin. Das treibt einen oft zum Fleisch zurück, gegen das ich, wie gesagt, auch nichts habe. Außer sehr vielen guten Argumenten, versteht sich, aber die Diskussion fange ich hier gar nicht erst an. Aber tatsächlich bin ich immer auf der Suche nach Rezepten, die in unsere landestypische Küche passen und ohne Fleisch auskommen. Und womöglich noch tatsächlich mit regionalen Zutaten zuzubereiten sind.

Da traf es sich sehr gut, dass der geschätzte Stevan Paul gerade ein neues Kochbuch geschrieben hat, Details dazu findet man hier. Herausgegeben von Katharina Seiser, die der eine oder andere vielleicht ganz richtig auch mit “Österreich vegetarisch” in Verbindung bringt. Und das neue Buch enthält Rezepte aus der deutschen Küche, die immer schon ohne Fleisch auskamen. Der regelmässige Verzehr von Fleisch in Überdosen ist immerhin eine ziemlich neue Erfindung, hier gab es jahrhundertelang ganz anderes Zeug auf den Teller. Zwiebelkuchen, Himmel und Erde, Sauerkrautsuppe, Potthucke, Soleier, Schnüsch und so weiter, das sind alles alte Gerichte ohne Fleisch. Schön nach Jahreszeiten sortiert, in überschaubarem Schwierigkeitsgrad, zumindest wenn man die Spätzle weglässt, nehme ich an.

Und da ich gerade Lust habe, wieder besser zu kochen und endlich einmal grundlos wie alle Fotos von Lebensmitteln zu machen und online mit schicken Pilzen anzugeben – und weil Stevan mir das Buch freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, koche ich davon jetzt öfter mal was nach und berichte dann hier, was das Rezept taugt und wem das schmeckt. Wobei man sich bezüglich der Söhne wenig Hoffnung machen muss, die sind durch kantinenähnliches Essen in der Kita erst einmal gründlich verdorben. Aber nach den beiden richtet sich der Speiseplan hier sowieso nicht, wie verschiedentlich berichtet.

Dann starte ich nächste Woche entspannt mit einer Suppe. Klingt doch gut:

Deutschland vegetarisch

 

26 Kommentare

  1. „Der regelmässige Verzehr von Fleisch in Überdosen ist immerhin eine ziemlich neue Erfindung, hier gab es jahrhundertelang ganz anderes Zeug auf den Teller.“

    Selbiges gilt auch für Österreich. Meiner Beobachtung nach wurde der tägliche Fleischkonsum erst im Wirtschaftswunder zur Normalität, als Symbol dafür, dass man sich jetzt leisten konnte, was früher bestenfalls Adel und Großbürgertum vorbehalten war.

  2. Lieber Herr Buddenbohm,

    Ich möchte hier mal eine Lanze für die Spätzle brechen. Keine Ahnung, warum sich das Gerücht so hartnäckig hält, die wären schwierig. Ganz einfach sind sie mit dem richtigen Gerät, unglaublich schmackhaft noch dazu und wer weiß, ob Sohn I und Sohn II die nicht sogar höchst genüsslich essen werden, wenn sie bei der Zubereitung geholfen haben? Es wären nicht die ersten Kinder, denen es so geht. Also bitte lieber Herr B, besorgen Sie eine Spätzlepresse (gibt es bei real auch außerhalb von Schwaben) und probieren Sie es aus… Mit Käse, mit Pilzsoße, mit Gemüse angebraten, mit Sauerkraut. Ein tolles Winteressen!

    Herzlichst
    Ein bekennender Spätzle-Fan aus Baden

  3. Toll 🙂 Ich stehe vor der gleichen Problematik. Hinzu kommt, dass ich kein matschiges, gekochtes Gemüse mag, das reduziert die Auswahl dann doch enorm. Außerdem mag ich so gerne süddeutsches (oder halt österreichisches) Essen, das vermisse ich so hier oben im Norden. Ich glaube das wäre auch ein Buch für mich.
    Solange kein Rucola dabei ist… Anscheinend gibt es irgendwelche geheimen Vegetarier-Regeln, dass überall Rucola oben drauf muss. Uärgh!

  4. Ich kann mich Christine nur anschließen. Auch mir ist es schleierhaft, woher das hartnäckige Gerücht kommt, Spätzle wären schwierig (da meine Mam aus Württemberg stammt, gabs bei uns immer nur selbstgemachte Spätzle. Und das erste, was ich mir zur Hochzeit wünschte, war eine „Spätzlesmaschin‘ “ – was Christine als Spätzlepresse bezeichnet). Die sind einfach, schmackhaft und schnell gemacht – und mit dem Mist aus der Tüte so gar nicht zu vergleichen!
    Nur Mut!
    Liebe Grüsse aus Franken.

  5. „Der regelmässige Verzehr von Fleisch in Überdosen ist immerhin eine ziemlich neue Erfindung, hier gab es jahrhundertelang ganz anderes Zeug auf den Teller. “

    Ich bin mir nicht sicher, ich glaube, das ist eine romantisierende Idee. Ganz so eindeutig ist das nicht: „Fleisch war bis in das 16. Jahrhundert das bedeutendste Nahrungsmittel in Mitteleuropa.Trotz zunehmendem Ackerbau blieb der Fleischverbrauch im Hochmittelalter groß und lag im Spätmittelalter pro Kopf noch bei über 100 Kilogramm jährlich, ging jedoch in den folgenden Jahrhunderten immer weiter zurück und erreichte im 19. Jahrhundert den niedrigsten Wert von durchschnittlich 14 kg Fleisch.“

    (Quelle)

  6. Vorsicht! Wer im Rheinland Himmel und Erde bestellt, hier Himmel und Ähd genannt, bekommt es mit gebratener Blutwurst serviert.
    Die polarisiert bereits unter Fleischessern und ist sicherlich nicht direkter Favorit eines Vegetariers. 🙂

  7. Ich haue ebenfalls in die Spätzleskerbe. Sehr lecker und nicht schwierig, wenn ich meinen Augen trauen darf. Es grenzt an Selbstkasteiung, niemals Kässpätzle auf den Esstisch zu stellen.
    Lehrgänge finden etwa alle zwei Wochen in unserer Küche statt.

  8. Ach schön! Da freue ich mich auf die passenden Adjektive zu den jeweiligen regionalen Speisen nach Verzehr.
    Und die Kommentare von Sohn I und II!!!!

  9. Spätzle mit der Presse sind überhaupt gar nicht schwierig. Vom Brett geschabte Spätzle hingegen brauchen schon einiges an Übung. Da man aber von Spätzle sterben kann, weil sie einfach so totlecker sind, muss man für so eine ganze Familie sowieso Mengen machen, die nur noch mit der Presse Freude machen. Die Utensilien gibt es deutschlandweit bei Ebay.

    Man könnte Spätzle auch auf Vorrat machen und einfrieren. Schließlich sind angebrutzelte Spätzle mit Bratensoße auch sehr beliebt, vor allem bei Kindern. Das Problem ist nur, dass nie welche zum Einfrieren übrig bleiben.

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